Vernissage mit Lesung und Musik im Zollhäusl Tittmoning
Die Ausstellung „Intuitio“ mit Werken von Susanne Hofler-Resch wurde am Freitag mit einer Lyrik-Lesung ihres Gatten Günther Resch eröffnet, die Josef Irgmaier am Akkordeon begleitete. Josef Wittmann stimmte in seiner Würdigung das Publikum in der Tittmoninger Galerie im Zollhäusl auf einen Abend der leisen Töne und auf eine kontemplativ-künstlerische Suche nach dem Geist der Dinge ein.
Die Konstellation aus einer Bildenden Künstlerin und einem Dichter, die sich „im Dunstkreis des lange Aufeinander-Schauens“, wie es Susanne Hofler-Resch formulierte, auf jeweils eigene Weise an die Kunst annähern, ist dem Laudator, wie er augenzwinkernd anmerkte, nicht ganz unbekannt: Der Tittmoninger Lyriker lebt diesen Dialog der Kunstsparten seit vielen Jahren mit seiner Ehefrau, der Galeristin und Malerin Luise Wittmann, die sich als Gastgeberin über die zahlreichen Interessierten bei ihrer 22. Vernissage in der seit acht Jahren bestehenden kleinen Galerie freute. Susanne Hofler-Resch bedankte sich herzlich bei den Wittmanns für die liebevolle Aufnahme, Unterstützung und Betreuung in der Tittmoninger Galerie.
Der Titel der Ausstellung, „Intuitio“, so erklärte der Laudator, bezeichnet „das Erfassen des Geists einer Sache, die Annäherung seiner selbst an das Wesen des Gegenstands“. Die so betrachteten Gegenstände sind, wie der Untertitel der Ausstellung verrät, Wasser, Licht und Zeit. Sie werden in Hofler-Reschs mit verschiedenen Mischtechniken gefertigten Bildern nicht etwa abgebildet, sondern vielmehr innerlich erfasst, durch Nachspüren durchdrungen und die Erfahrung ihrer Essenz zu einer Gesamtkomposition aus Farbe, Struktur und Materialität umgesetzt: zu gischtartigen Blasenstrukturen aus weißer Ölfarbe in der „wasserlich“-Reihe, zu feinen senkrechten Lichtfäden. die vor verschiedensten Hintergründen leuchten, bei den „light-threads“.
In sorgfältig ausgesuchten, auserlesenen Materialien gefertigt – neben Leinwand, Öl- und Acrylfarben viel Japanpapier und aufgebügelte Wachsschichten, aber auch Lärchen- oder Birkennasche, Sand und mehr – und mit ebenso großer Sorgfalt wohlüberlegt gruppiert und gehängt, vermitteln die in dezenten Farben gehaltenen, ausgesprochen fein und genau gearbeiteten Bilder ein Gefühl von erlesener Schönheit und tiefer Innerlichkeit, muten gleichzeitig ausgesprochen organisch an, teils wie mikroskopische Schnitte, und machen Lust, mit den Fingerspitzen die sichtbaren, ganz konkreten Strukturen, Bruchlinien und reliefartigen Erhöhungen nachzuvollziehen. „Still“, das Adjektiv, das den Untertitel ergänzt, ist dabei der Schaffensprozess, den die Künstlerin selbst als „kontemplativ“ bezeichnet, aber wohl auch idealerweise die Haltung beim Betrachtenden: Es ist lohnend, sich auf diese Werke mit viel Zeit, Ruhe und offenen Sinnen einzulassen.
Bei der Vernissage gab es nach Josef Wittmanns Rede zunächst noch einen ganz anderen Kunstgenuss: Günther Reschs Lesung aus seinem kürzlich veröffentlichten Gedichtband „Barfuß gegangen / Brombeerpfade in mir“ zeigte, wie man dem Wesen der Dinge auch mit Worten nahekommen kann. Sprache, die sich selbst reflektiert, das Bedürfnis nach Stille und die Suche nach Worten sind ihm ebenso Thema wie nächtlich erscheinende Traumbilder, Natureindrücke und auch der „Schrecken der Kunst“, der nach einer langen Reihe von Substantivierungen von „das Aufgescheuchte“ über „das Gewohnte“ oder „das Unfertige“ bis zu „das Zufallende“ mit einem plötzlich auftauchenden Gegenüber endet: „Oh“.
Das Gegenüber ist dem Dichter das Publikum, das an dieser Stelle der Lesung erkennend auflachte, aber sicherlich auch die Malerin, mit der er sein Leben teilt: Den „Lichtfäden“ auf Hofler-Reschs Bildern entsprechen die „Wortfäden“ in einem seiner Gedichte, ihrer Reihe „begegnung wasser landsand“ Texte wie „Land…Meer“ und „Bevor ich abreise“, die von Blauheiten, weißer Gischt und Gezeiten sprechen und vom Sand, der sich „ins Wasserbare“ legt.
Noch stärker als thematische Parallelen aber sind die Entsprechungen in der Herangehensweise des Künstlerpaars zu bemerken, im Versuch, „das Leben, so wie es ist und so wie es zu spüren ist, in zarten lyrischen Bildern fühlbar zu machen“, wie es Josef Wittmann formulierte. Die Leere als Offenheit zu begreifen, dem Moment zu vertrauen und den eigenen Impulsen, Intuitionen und Visionen zu folgen, beschreiben beide als Basis ihres Schaffens, das nach diesem intuitiven Einstieg aber immer auch in sehr genauer, reflektierter Perfektionierung besteht.
Begleitet und kontrapunktiert wurde Günther Reschs Vortrag von Josef Irgmaier, der am Akkordeon ebenso einfühlsam wie fantasievoll auf dessen Lyrik und auf die ausgestellten Werke musikalisch antwortete. Langsam an- und abschwellende breite Akkorde, vereinzelt verwehte Klänge in viel dem Instrument hörbar entweichender Luft, ein zitternd sich selbst vergewissernder hoher Ton, aber auch ein tänzerisch-beschwingtes Zitat – wie schon so oft verwandelte der Komponist sich Altvertrautes verfremdend an und erfand in nach-spürender Improvisation musikalische Repliken und Entsprechungen zu Wort und Bild.
Die kleine, feine Ausstellung ist noch bis 22. Dezember immer freitags, samstags und sonntags von 16 bis 19 Uhr geöffnet. Finissage ist am Freitag, den 22.12., um 19 Uhr, wenn Luise Wittmann wie jedes Jahr zu „Bossa, Jazz und Frohe Weihnacht“ mit Bernadette und Josef Irgmaier ins Zollhäusl lädt.
Dreizehn Werke aus den Reihen „unter wasser“, „wasserlich“ und „light threads“ sind an einer Wand der Galerie sorgsam zu einem starken Gesamteindruck komponiert.
Für die besondere Struktur der Reihe „begegnung wasser landsand“ hat Susanne Hofler-Resch auch Lärchenasche verwendet.
Zu den Künstlern:
Die studierte Psychologin Susanne Hofler-Resch ist ausgebildete Tanzpädagogin, tiefenpsychologisch-körperorientierte Psychotherapeutin und Lehrerin für authentic movement. Seit 1999 arbeitet sie vermehrt bildnerisch, lernte an der Internationalen Sommerakademie Salzburg für Bildende Kunst (Malerei, Installation, Objekt) und am Mozarteum Salzburg (Keramik). Ausstellungen in Österreich, Deutschland und Italien seit 2000, Mitglied im Kunstverein Salzburg und in der Burghauser Künstlergruppe „die burg“.
Günther Resch war Betriebselektriker, lernte Sozialarbeit, baute einen Naturkostladen auf, leitete ein Seminarzentrum und wirkte als Lebensberater, ehe er sich zum akademischen Supervisor und zum Traumatherapeuten ausbilden ließ. Parallel Lehrgang an der Literaturakademie Leonding, Veröffentlichungen: „Vom Verlust der Leere“ (Roman, Verlag am Rande 2020), „Ihr Blick“ (Kurzgeschichte, in: „Andere Liebe“, Autorenhausverlag 2016) und „Barfuß gegangen / Brombeerpfade in mir“ (Gedichte, 2023).
Das Künstlerpaar lebt und arbeitet in Salzburg und Ach.
Dieser Artikel ist auch erschienen bei www.schaurein-online.de